Durchleuchtungsdiagnostik
Die Durchleuchtungsdiagnostik beruht auf den gleichen Prizipien wie die konventionelle Röntgenübersichtsdiagnostik.
Die Nativdiagnostik kann jedoch nur gut sichtbare Fremdkörper, knöcherne Strukturen und gut differenzierbare Grenzflächen der Gewebe unterscheiden, ein weitaus höherer Anteil der Durchleuchtungsdiagnostik wird mit der Unterstützung gut röntgensichtbarer Kontrastmittel durchgeführt. Dies gilt für die indirekte Bildgebung aller präformierten Körperhohlräume wie des gesamten Magen-Darmtraktes wie auch für Drüsengänge, entstandene Fistelgänge, die Darstellung operativer Zugänge bzw. Drainagen, arterielle und venöse Gefäße und natürlich auch alle Gelenkhöhlen, um Krankheitszustände zu erkennen und genauer einordnen zu können.
Vorbereitung/Komplikationsmöglichkeiten
Grundsätzlich ist bei Untersuchungen ohne Anwendung von Kontrastmitteln kaum mit Komplikationen zu rechnen.
Grundsätzlich kann es bei Anwendung von Kontrastmitteln, vor allem bei intravasaler Applikation wie bei einer Phlebographie, aber auch bei Anwendung von gastrointestinalen Kontrastmitteln zu Überempfindlichkeitsreaktionen kommen. An allgemeinen Reaktionen auf das Kontrastmittel können Juckreiz oder Schwindel auftreten, an der Haut finden sich bei allergischer Reaktion Rötungen oder verschiedenartige Ausschläge. Das Herz-Kreislauf-System kann in Form von Tachykardie, Rhythmusstörungen, Blutdruckabfall oder Kreislaufkollaps reagieren. Respiratorisch kann es zu Verengungen der Atemwege oder subjektiv empfundener Atemnot kommen, gastrointestinale Symptome sind Übelkeit, Erbrechen oder Leibschmerzen. Mögliche neurologische Symptome sind Kopfschmerzen, Krampfanfälle oder Bewusstseinsstörungen.
Ebenfalls selten sind Komplikationen an der Einstichstelle wie z. B. Entzündungen oder Verschluss von Gefäßen, Bildung von Thrombosen oder örtlicher Gewebsuntergang (Nekrosen) als Folge von Durchblutungsstörungen.
Röntgenuntersuchungen des Magen-Darm-Kanals besitzen eigene typische Risiken und mögliche Nebenwirkungen. Die Doppelkontrastuntersuchung des Dünndarms ist ein risikoarmes Routineverfahren. Als mögliche Komplikationen können selten Überempfindlichkeitsreaktionen auf das örtliche Betäubungsmittel im Nasen- und Rachenraum auftreten, mit dem der Würgereflex bei der Positionierung der Dünndarmsonde unterdrückt werden soll.
Derartige Überempfindlichkeitsreaktionen äußern sich als Brechreiz, Juckreiz oder Hautausschlag, klingen aber in den meisten Fällen von selbst wieder ab. Lokale Verletzungen des Darmes durch die Sonde kommen aufgrund des dünnen, flexiblen Systems praktisch nicht vor. Ein Austritt von Barium-haltigen Kontrastmitteln aus dem Magen-Darm-Trakt ist zu vermeiden, da das nicht-wasserlösliche Barium in den Bronchien oder im Mediastinum zu einer Fremdkörperreaktion und somit zu einer Aspirationspneumonie bzw. einer Mediastinitis führen kann. Daher wird bei Patienten mit Schluckstörungen oder bei an der Speiseröhre bzw. am Magen frisch operierten Patienten nur wasserlösliches Kontrastmittel verwendet.
Bei der Röntgenuntersuchung des Dickdarms kann es neben den oben erwähnten allergischen Reaktionen in sehr seltenen Fällen zu einem Darmdurchbruch, also einer Perforation, kommen, da die Darmwand durch die Instillation von Kontrastmittel und Luft stark gedehnt wird. Daher wird bei erhöhtem Perforationsrisiko wie z.B. unmittelbar nach einer Biopsie oder einer Darmoperation, nur ein Monokontrastverfahren mit wasserlöslichem Kontrastmittel durchgeführt, um eine Barium-induzierte Peritonitis zu vermeiden.
Kontraindikationen
Die Durchleuchtung weist als Methode keine strengen Kontraindikationen auf. Das hierbei kalkulierbare zusätzliche Risiko ist gegen das Risiko der Unterlassung der Untersuchung abzuwägen und ist bei den typischen Indikationen klar zu Gunsten der Untersuchung zu beantworten.
Indikationen
Stets sind bei röntgendiagnostischen Verfahren zu betonen, dass sie grundsätzlich nur zum Einsatz kommen, wenn andere risikolosen Verfahren ohne Strahlenbelastung die Fragestellung der Untersuchung nicht beantworten können. Die einzelnen Indikationen werden im Folgenden beschrieben.
Untersuchungen ohne Kontrastmittel werden unter anderem durchgeführt zur Positionierung und Lagekontrolle von röntgensichtbaren Fremdmaterialien wie Kathetern. Bei fraglichen Befunden der Übersichtsdiagnostik der Lunge kann die Zwerchfellbeweglichkeit beurteilt werden.
Ösophagus-Breischluck
Der Ösophagus-Breischluck wird zur Darstellung von Divertikeln, Hernien, Entzündungen, Varizen, Tumoren oder einer Achalasie der Speiseröhre durchgeführt. Unter Durchleuchtung wird der funktionelle Ablauf der Kontrastmittelpassage beurteilt. Während der Durchleuchtung werden Zielaufnahmen in Vollfüllung sowie in Doppelkontrast in mehreren Projektionen von den einzelnen Abschnitten der Speiseröhre angefertigt. Besonderes Augenmerk ist auf die physiologischen Engen des Ösophagus am Übergang des Larynx in den Ösophagus, in Höhe der Trachealbifurkation und beim Durchtritt durch das Zwerchfell zu richten. Als alternative Methode ist die Endoskopie zu nennen, die den Vorteil des direkten optischen Eindrucks der Speiseröhrenwand sowie die Möglichkeit der Probenentnahme bietet, allerdings für den Nachweis von Leckagen in der Speiseröhre, z.B. nach einer Operation sowie zur funktionellen Beurteilung des Schluckvorganges nicht so gut geeignet ist.
Magen-Darm-Passage
Die radiologische Magendiagnostik spielt heute nur noch eine additive Rolle zur Gastroskopie bzw. Endosonographie. In der Funktionsdiagnostik bei der Beurteilung des ösophagogastralen Übergangs, bei Fehllagen des Magens, bei Störung der Peristaltik oder der Magenentleerung sowie nach Operationen kann heute die Magen-Darm-Passage noch indiziert sein. Die Kontrastmitteldarstellung des Magens kann auch dem röntgenmorphologischen Nachweis von Entzündungen, Ulcerationen, Polypen oder Karzinomen dienen, diese Indikationen sind heute allerdings vor allem der Gastroskopie vorbehalten, die neben dem direkten Bild der Schleimhaut auch die Möglichkeit der Biopsie, also der Probenentnahme, liefert.
Duodenographie
Die Duodenographie, also die Kontrastdarstellung des Zwölffingerdarms, wird zur Darstellung von Wanddivertikeln, Ulcera und Tumoren durchgeführt. Auch diese Art der Untersuchung ist heute weitgehend durch die Gastroskopie verdrängt, bei der das Duodenum regelmässig mit dargestellt werden kann.
Enteroklysma (Kontrastdarstellung des Dünndarms)
Die Doppelkontrastmethode nach Sellink ist die Methode der Wahl zur Darstellung des Dünndarms, da dieser in weiten Anteilen nicht endoskopisch zugänglich ist. Verschiedene Modifikationen dieser Methode sind bekannt.
Die genannte Doppelkontrastmethode dient vor allem der Diagnosestellung chronisch entzündlicher Erkrankungen wie dem Morbus Crohn oder dem Nachweis von Dünndarmtumoren. Monokontrastmethoden mit Barium werden beispielsweise bei einer chronischen Diarrhö oder einer Steatorrhö, also vor allem bei Malabsorptionsstörungen, angewendet. Monokontrastmethoden mit wasserlöslichen Kontrastmitteln kommen bei Verdacht auf eine Darmwandperforation oder einen Ileus zu Anwendung. Eine echte Alternative zur derartigen Dünndarmdarstellung gibt es nicht. Vorteile insbesondere der Doppelkontrastmethode sind ein optimaler Wandbeschlag, eine gute Dehnung und damit eine gute Beurteilbarkeit der Dünndarmwände in allen Abschnitten sowie eine kurze Untersuchungszeit mit etwa 30 Minuten.
Kolonkontrasteinlauf
Der Kolonkontrasteinlauf ist die retrograde Darstellung des Dickdarms mit Bariumsulfat. Die Doppelkontrasttechnik erfordert die zusätzliche Luftinsufflation. Es werden in Vollfüllung und im Doppelkontrast unter Durchleuchtung Zielaufnahmen der einzelnen Dickdarmabschnitte angefertigt. Zusätzliche Übersichtsaufnahmen in Rechts- und Linksseitenlage bei horizontalem Strahlengang sowie bei stehendem Patienten ermöglichen die lückenlose Dokumentation des gesamten Dickdarms. Bei bestehendem Verdacht auf eine Perforation, unmittelbar postoperativ und bei bekannter Fistel oder Divertikulitis ist jodhaltiges, wasserlösliches Kontrastmittel zu verwenden zur Vermeidung einer Peritonitis. Kontraindikationen für eine Doppelkontrastuntersuchung des Dickdarms sind eine schon eingetretene Perforation, ein unklares akutes Abdomen, ein Ileus oder eine vorbekannte höhergradige Darmstenose. Indikationen für einen Kolonkontrasteinlauf sind der Nachweis angeborener Fehlbildungen wie ein Megacolon congenitum, Ausschluss einer Darmdivertikulose oder Divertikulitis, akute oder chronische entzündliche Dickdarmerkrankungen wie eine Colitis ulcerosa sowie die Auffindung von Darmwandpolypen oder Tumoren. In der postoperativen und Rezidiv- Diagnostik spielt der Kolonkontrasteinlauf zur Überprüfung der Anastomosenverhältnisse oder der Tumorfreiheit eine Rolle. Konkurrierendes Verfahren ist die Koloskopie, die wiederum den Vorteil der Probenentnahme besitzt, allerdings auch mit einem erhöhten Perforationsrisiko belastet ist.
Fisteldarstellung
Bei einer Fistel handelt es sich um eine unnatürliche, mit Epithel oder Granulationsgewebe ausgekleidete Verbindung zwischen Körperhöhlen untereinander (innere Fistel) oder zur Körperoberfläche (äußere Fistel). Beispiele sind Analfisteln, Darmfisteln oder Blasenfisteln.
Diese Fisteln können in der Durchleuchtung mit Kontrastmittel instilliert werden und somit in ihrem Verlauf, ihrer Länge und ihren genauen Verbindungen sichtbar gemacht werden, z. B. im Rahmen der Vorbereitung auf eine operative Fistelsanierung.
Phlebographie
Die Phlebographie ist die Kontrastmitteldarstellung von Venen. Die Venen der oberen und unteren Extremität lassen sich durch möglichst periphere Injektion von Kontrastmittel an der Hand oder am Fuß darstellen. Da das Kontrastmittel in den Venen im Gegensatz zu Arterien relativ langsam abfließt, lassen sich diese in der Durchleuchtung gut beurteilen. Häufigste Indikation zur Darstellung von Extremitätenvenen ist der Verdacht auf eine Thrombose. Bei einer frischen Thrombose liegt der Thrombus wurmartig im Gefäß und wird von Kontrastmittel umspült. Ältere Thromben sind in der Regel wandständig oder füllen sogar das Venenlumen vollständig aus.
Auch ein postthrombotisches Syndrom mit Zerstörung des Klappenapparates, Kollateralkreisläufen und Gefäßektasien wird in der Durchleuchtung sichtbar. Ferner wird die Phlebographie der Beinvenen als präoperative Abklärung vor einer Varizenoperation angewendet. Neben der Durchgängigkeit der tiefen Venen können hierbei insuffiziente Perforans-Venen identifiziert sowie das Ausmaß einer Stammvarikosis definiert werden. Alternatives Verfahren zur Phlebographie ist vor allem die Sonographie, die ebenfalls Thrombosen in den Venen und den vorhandenen Blutfluss gut darstellen kann.
Myelographie
Bei der Myelographie wird der Subarachnoidalraum mit jodhaltigem wasserlöslichem Kontrastmittel dargestellt. Verwendung finden dabei Kontrastmittel mit besonders geringer Neurotoxizität. Zur Abklärung des gesamten Spinalkanals (Panmyelographie) wird das nach Lumbalpunktion applizierte Kontrastmittel durch Kopftieflagerung in die zu untersuchenden Abschnitte gebracht. Die Myelographie kann aber auch lokal als cervikale oder lumbale Myelographie durchgeführt werden bei lokaler Fragestellung wie einem lumbalen Bandscheibenproblem. Die Myelographie ist indiziert bei spinalen raumfordernden Prozessen mit klinisch unklarer Segmentzuordnung bzw. Höhenlokalisation. In der Diagnostik des Bandscheibenprolapses ist die Myelographie ergänzend indiziert, wenn computertomographisch ein negativer oder fraglicher Befund bei eindeutiger klinisch-neurologischer Symptomatik vorliegt oder wenn computertomographisch Probleme in der exakten Höhenlokalisation auftreten. Heute werden die beiden Verfahren der Myelographie und der Computertomographie oft gemeinsam angewendet, da sich die diagnostische Aussagekraft ergänzt und das in der Myelographie applizierte Kontrastmittel die Diagnosestellung in den computertomographischen Bildern erleichtert.
Durch die oben erläuterten Einsatzgebiete von Durchleuchtungsverfahren sollte klar sein, dass trotz der Einführung moderner Bildgebungsverfahren klare Indikationsbereiche geblieben sind. Die Stärke der DL ist die erfassbare zeitliche Dynamik zur Funktionsbeurteilung und Kontrastmittelverteilung, so dass Verbindungswege und Wandveränderungen im Mono- und Doppelkontrast durchleuchtungsgezielt in Tangentialprojektionen einstellbar und dokumentierbar sind. Dies gelingt mit den Schnittbildverfahren und der Endoskopie häufig nicht, so dass die DL-Verfahren mit Sicherheit auch in der Zukunft ihre Indikationsgebiete behalten werden. Abgewägt werden muss natürlich die unvermeidlich hiermit verbundene Strahlenbelastung, so dass Alternativverfahren gerade bei jüngeren Patienten immer in die Überlegungen einbezogen werden sollten.