Wie Reanimation Leben rettet



Rund 10.000 Menschen könnten in Deutschland jedes Jahr überleben, wenn ihnen bei einem Herzstillstand rechtzeitig geholfen würde. Für Priv.-Doz. Dr. med. et Dr. med. univ. Georg Fürnau, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin II, liegt ein wichtiger Schlüssel in der Laienreanimation – also darin, dass möglichst viele Menschen wissen, wie man im Notfall handelt. Regelmäßige Trainings bereits in der Schule könnten dabei ein entscheidender Schritt sein.
Ein Blick nach Skandinavien zeigt, wie wirkungsvoll dieses Konzept sein kann. „Dort werden Kinder ab etwa zehn Jahren mehrmals im Jahr in Erster Hilfe und Reanimation geschult. Sie wissen, wie eine Herzdruckmassage funktioniert und wie ein Defibrillator eingesetzt wird. Wir sollten uns Schweden oder Dänemark wirklich zum Vorbild nehmen“, betont Fürnau.
Tatsächlich hat Dänemark den Wiederbelebungsunterricht bereits 2005 gesetzlich verankert – mit beeindruckenden Ergebnissen: Die Quote der Laienreanimation ist von 20 Prozent im Jahr 2000 auf über 60 Prozent im Jahr 2020 gestiegen. Die Überlebensrate hat sich sogar verdreifacht. Länder wie die Niederlande oder Schweden erreichen mittlerweile Quoten von über 70 Prozent.
Mit Dänemark begann auch Dr. Fürnau seine Einführung beim Training in der Schule. Um das Eis zu brechen, fragte er die Schülerinnen und Schüler, ob sie den Fußballer Christian Eriksen kennen. Dieser war im Juni 2021 während eines Länderspiels ohne Fremdeinwirkung zusammengebrochen und musste noch auf dem Spielfeld reanimiert werden. Eriksen überlebte – und spielt bis heute professionell Fußball. Fürnau wollte damit eines deutlich machen: Ein Herzstillstand kann überall passieren – im Stadion, in der Öffentlichkeit oder sogar in der eigenen Familie.
Vor diesem Hintergrund fand am Mittwoch, dem 19. November, die dritte Veranstaltung des jährlichen Projekts Laienreanimation am Walter-Gropius-Gymnasium statt. Seit 2023 wird die gesamte achte Klassenstufe von Dr. Fürnau und Carsten Hannig, Krankenpfleger der Intensivstation und Reanimationsbeauftragter des Städtischen Klinikums, sowohl theoretisch als auch praktisch geschult. Dieses Mal waren es insgesamt rund 90 Schülerinnen und Schüler, die in mehreren Durchgängen fit gemacht wurden.
Obwohl das Thema „Herz“ im Biologieunterricht der achten Klassen erst später auf dem Lehrplan steht, waren die Jugendlichen sofort engagiert dabei. Anfangs noch etwas zurückhaltend, tauten sie schnell auf – und schon bald prasselten die Fragen auf die beiden Experten ein, ganz ohne vorheriges Handheben.
Nach einem theoretischen Einstieg, der bewusst im Stil von Instagram- und TikTok-Videos gehalten war, ging es für die Teenager zu den Übungspuppen. Dort konnten sie selbst ausprobieren, wie eine Herzdruckmassage richtig ausgeführt wird.
Ein zentrales Anliegen der Trainer war es, Ängste abzubauen. Viele Menschen zögern im Ernstfall, aus Sorge, etwas falsch zu machen. Dabei gehört Mut dazu – und ja, es kann passieren, dass bei einer Reanimation eine Rippe bricht. Doch nur, wenn das Brustbein etwa fünf Zentimeter tief und im richtigen Rhythmus gedrückt wird, hat das Herz eine Chance, wieder zu schlagen.
Für den passenden Takt sorgte der Klassiker „Stayin’ Alive“ von den Bee Gees – ein fast schon symbolischer Titel für diese lebenswichtige Übung.
Dass eine Reanimation eher an eine sportliche Aktivität erinnert, zeigte sich schließlich ganz praktisch: Die Schülerinnen und Schüler kamen ordentlich ins Schwitzen, und bei manchen färbten sich die Wangen rot. Kein Wunder – eine korrekte Herzdruckmassage über mehrere Minuten durchzuhalten, bis der Rettungsdienst eintrifft, ist körperlich anstrengend. Doch genau diese Erfahrung machte den Jugendlichen deutlich, wie wichtig ihr beherztes Eingreifen sein kann.
Für Dr. Fürnau ist das Reanimationstraining erst der Anfang. „Wir würden dieses Projekt gerne an weiteren Schulen fortführen und dort im wahrsten Sinne des Wortes mit Hand anlegen – idealerweise mit der Unterstützung engagierter Partner“, erklärt er.




