Auf dem Weg zur Universität Dessau
Historische Momente müssen nicht immer hoch würdevoll sein, manchmal erscheinen sie profan und ebnen doch den Weg für etwas Großartiges. Eine solche Situation erlebte die Öffentlichkeit in der letzten Stadtratssitzung der auslaufenden Legislaturperiode, als die anwesenden Stadträtinnen und -räte in namentlicher Abstimmung und nach kontrovers geführter Diskussion mehrheitlich den Beschluss fassten, den Prozess der Gründung einer privaten Universität in kommunaler Trägerschaft ernsthaft fortzuführen. Juristische und finanzielle Rahmenbedingungen sollen als nächstes kommunalrechtlich geprüft werden, so dass bis Herbst eine verbindliche Trägergesellschaft für die künftige Uni gefunden werden kann.
Während der eine oder andere Abgeordnete bzw. Besucher am Mittwoch sein Gemüt bei einem von dem italienischstämmigen Stadtrat Antonio Palermo spendierten Softeis abkühlen oder die schwüle Abendluft damit herunter temperieren konnte, schloss sich für andere Gäste der Kreis in einem langen Prozess. Wie sonst auch war die Betriebsleitung des Klinikums in der Sitzung anwesend und verfolgte die Beschlussfassung besonders interessiert.
Im Frühjahr 2022 hatte die Entwicklung ihren Beginn genommen, als die Stadt das Städtische Klinikum damit beauftragte, das Projekt der Erstellung einer Machbarkeitsstudie zur Gründung einer privaten Universität in Dessau-Roßlau federführend zu begleiten. Nach einem breiten Auftakt mit vielen Vertretern öffentlicher Institutionen im Juli 2023 und weiteren Beratungen lag dann im September besagte Studie vor. Die darin enthaltene positive Einschätzung, die mehr Chancen, als Risiken für die Stadt anlässlich einer Universitätsgründung sieht, veranlasste den Oberbürgermeister, dem Projektteam grünes Licht für eine Weiterverfolgung des universitären Ziels zu geben. Fachlich beraten wurde das Team von dem Beraterunternehmen HochschulExpert, das auch die Studie erarbeitet hat.
Viele Monate und zahlreiche Arbeitstermine später stehen die Protagonisten davor, das Projekt im Auftrag des Stadtrates und des Oberbürgermeisters jetzt fortzuführen, um hoffentlich in absehbarer Zeit erfolgreich in die Zielgeraden einlaufen zu können.
Die Universität soll zu Beginn vier Studiengänge auflegen. Ihre zentrale Mission soll der One-Health-Gedanke sein, der in Wissenschaft und Forschung für die übergreifende und sich gegenseitig beeinflussende Gesundheit der Menschen und der Tiere sowie des Schutzes der Umwelt steht. Dieser Ansatz ist in der Hochschullandschaft weithin noch einzigartig und soll das Modell Dessau besonders attraktiv machen.
Von den bisherigen Projektbeteiligten wird also der Gründungsprozess nun mit politischem Mehrheitsbeschluss fortgeführt werden. In welche Bahnen z. B. die Trägerschaft und die Finanzierung der Universität jetzt gelenkt werden, das anzuschieben ist eine der nächsten Aufgaben. Auch die Ausformulierung der Studiengänge wird jetzt vordringlich sein.
Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Universität Dessau ist am Mittwoch im Stadtrat jedenfalls genommen worden. Die Geschütze der Kritiker waren nicht klein, weshalb der Beschluss auch nicht einfach fiel. Dass die Hochschule Anhalt wie schon zu Beginn im Juli 2023 auch jetzt wieder direkt eingebunden werden soll, ist Ergebnis der Diskussionen. Dieser Expertenkreis wäre auch wieder um das Umweltbundesamt zu erweitern, das mit seiner bisherigen Teilnahme am Prozess wichtige und enorm hilfreiche Erkenntnisse beigesteuert hat und auf diese Weise dazu beitrug, Steine eher aus dem Weg zu räumen, als vor ihnen zu verharren.