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Medizinphysiker maximiert Genauigkeit bei Bestrahlungen

Seit neun Jahren beschäftigt sich Dr. Ing. Markus Wösle M. Sc., Medizinphysik-Experte in der Klinik für Strahlentherapie am Städtischen Klinikum Dessau, mit der Frage, wie man die Bestrahlung von Tumoren noch präziser machen kann. Denn je genauer die Energiedosis durch ionisierende Strahlung die Krebszellen trifft, desto weniger wird benachbartes gesundes Gewebe geschädigt. Was zum Beispiel bei der Bestrahlung eines Augentumors für den Erhalt des Sehvermögens von gravierender Bedeutung ist.

Geometrische Abweichungen vom sogenannten Isozentrum, dem Zielpunkt einer Bestrahlung, können durch Winkelvariationen des Tragarmes des Patientenlagerungstisches und des Strahlerkopfes des Strahlentherapiegerätes entstehen. Der studierte Maschinenbauingenieur und Medizinphysiker hat ein Mess- und Analyseverfahren entwickelt, das innerhalb weniger Minuten diese Fehlerquellen nicht nur orten, sondern ihre Auswirkungen auch minimieren kann. Und das alles mit dem Dosisdetektor, der hier als Messgerät dient und bereits in jedem modernen Strahlentherapiegerät serienmäßig verbaut ist. Das heißt, außer einem handelsüblichen Messkörper und dem patentierten Algorithmus sind keine weiteren Investitionen erforderlich.

Bei den Messungen geht es um Abweichungen im Bereich von 1/100 mm und weniger. Der Erfinder konnte nachweisen, dass die geometrische Empfindlichkeit des patentierten Verfahrens mindestens um den Faktor 52 besser ist als das Auflösungsvermögen des dazu verwendeten Messgerätes. Zum Vergleich: Um den Durchmesser eines dünnen menschlichen Haares mit einem Lineal mit einer Millimeter-Skala zu messen, müsste man das Auflösungsvermögen des Lineals ebenfalls um den Faktor 52 erhöhen.

Am Städtischen Klinikum wird das Verfahren zur perfekten Ausrichtung der Bestrahlungsfelder schon seit Jahren erfolgreich eingesetzt. Aufgrund der vorhandenen Expertise auf dem Gebiet der Präzisionsstrahlentherapie reicht das Einzugsgebiet des Dessauer Krankenhauses – zum Beispiel bei Augentumoren – weit über die Landesgrenzen hinaus. Mittlerweile genügt es vollkommen, den Linearbeschleuniger wöchentlich zu kalibrieren, da einmal richtig eingestellt, sich die Geometrie nicht so schnell wieder ändert. „Genauer“, so Dr. Ing. Wösle, „kann man es nicht machen. Konkurrierende Verfahren sind mindestens dreimal schlechter.“

Gut drei Jahre nach Anmeldung der Erfindung erhielt das Klinikum nun die Patentnummer EP 3 687 627 B1 durch das Europäische Patentamt.

Nun liegt es nahe, das Patent auch außerhalb des Klinikums zu vermarkten. Der Medizinphysiker sieht allein in Deutschland einen Markt von rund 100 Institutionen, die mit seinem Verfahren die Präzision ihrer Strahlentherapiegeräte verbessern könnten. Die Einnahmen aus dem Verkauf kommen dem Klinikum, als Patentinhaber, zugute.

Unterdessen hat Dr. Ing. Wösle bereits seine nächste Erfindung zu Papier gebracht: „Auch diesmal geht es um die Verbesserung der Genauigkeit von Bestrahlungen“, verrät der Allgäuer mit dem ausgeprägten Hang zur Präzision. Der Patent-Antrag liegt bereits beim Deutschen Patent- und Markenamt in München.

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