Neuroradiologie

Das Aufgabengebiet der Neuroradiologie umfasst die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS), d. h. von Gehirn und Rückenmark einschliesslich seiner Hüll- und Nachbarstrukturen.

Sie ergänzt mit radiologischen Untersuchungstechniken vorwiegend die Nachbardisziplinen Neurologie, Neurochirurgie, Psychiatrie, Orthopädie sowie Innere Medizin und bietet ihnen Hilfe und Alternativen in diagnostischer und therapeutischer Hinsicht. Enge diagnostische Fragestellungen verbinden sie mit den Fächern Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde und Ophthalmologie (Augenheilkunde).
Das Leistungsspektrum für die Patientenversorgung beinhaltet im diagnostischen Bereich:

  • Röntgennativuntersuchungen
  • Computertomographie (CT)
  • Kernspintomographie (KST) (magnetic resonance imaging - MRI oder Magnetresonanztomographie - MRT)
  • Angiographie (Darstellung der Blutgefäße mit Kontrastmittel) mit 3D-Rekonstruktion
  • Myelographie und Myelo-CT (Röntgenuntersuchung der Rückenmarkhüllen mit Kontrastmittel).

Bei einer Reihe von Untersuchungen kommen zunehmend auch therapeutische Verfahren zum Einsatz, die unter dem Begriff der interventionellen Neuroradiologie (Minimal invasive Therapie - MIT) zusammengefasst werden.

Die zur Verfügung stehenden Großgeräte ermöglichen einerseits immer raschere und bessere Abklärungen und erlauben andererseits, diagnostische und therapeutische Eingriffe schonender und weniger belastend durchzuführen.

Neuroradiologische Diagnostik

Konventionelle Röntgenuntersuchung

Mit Einführung moderner computerisierter Schnittbildverfahren (CT, MRT) haben Röntgennativuntersuchungen an Bedeutung verloren und werden nur noch zur Beurteilung primärer Knochenprozesse, knöcherner Fehlbildungen, degenerativer Veränderungen und Traumafolgen von Schädel und Wirbelsäule eingesetzt.

Computertomographie (CT)

Bei der CT werden Körperabschnitte rund um die Längsachse mit Röntgenstrahlen abgetastet und nach elektronischer Umwandlung mittels Computer als Körperquerschnittsbilder dargestellt. Der Patient liegt bei der Untersuchung auf einem speziellen Tisch, der durch eine runde Öffnung bis zu der Körperstelle, die untersucht werden soll, ins Gerät hineingeschoben wird.

Diese revolutionäre Technik, ohne nennenswerte Belastung des Patienten lebendes Gewebe direkt darstellen zu können, haben den "Vätern" der Computertomographie, G. N. Houncefield und A. M. Cormack, 1979 den Nobelpreis eingebracht.

Da die CT heutzutage als Mehrschicht-Spiral-CT schnell und einfach durchzuführen ist, wird sie bevorzugt bei Notfallpatienten eingesetzt (Blutungen, Schädelverletzungen, Schlaganfall).

Das Städtische Klinikum Dessau besitzt seit Anfang 1997 ein äußerst modernes Doppelspiral-CT-Gerät, mit dem auch Hirnarterien, Schädelknochen, Wirbelsäule etc. dreidimensional dargestellt werden können.

Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie)

Noch augenscheinlicher sind die Vorteile der Kernspintomographie (KST, MRT oder MRI genannt), die bereits geringste Abweichungen von normalem Gewebe erfasst, noch dazu ohne jegliche Strahlenbelastung für den Patienten, was besonders für Untersuchungen bei Kindern von großer Bedeutung ist.

Die MRT erzeugt ebenfalls Schnittbilder des menschlichen Körpers, jedoch in beliebiger Richtung mittels magnetischer Kernresonanz unter Einsatz von Radiowellen. Sie erlaubt auf risikofreie Art, Gewebeveränderungen und funktionelle Störungen von Organen zu erkennen.

Die MRT wird vor allem für Untersuchungen des Gehirns, der Wirbelsäule und des Rückenmarks eingesetzt. Sie gestattet, krankhafte Veränderungen der Weichteile besser zu erkennen. Ähnlich der Computertomographie können mit der MRT Hirnschlaganfälle bereits nach wenigen Minuten erkannt und lokalisiert und auf ihre vielfältigen Ursachen hin analysiert werden.

Stecknadelkopfgroße Tumoren, Hirnabbauprozesse, Gefäßmissbildungen, Enzephalitiden (Gehirnentzündungen), Anfallursachen (Epilepsie) oder Folgeschäden nach Unfällen lassen sich sicher differenzieren. Hals- und Hirngefäße können erstmals ohne Anwendung von Kontrastmittel dreidimensional dargestellt werden.

Myelographie

Sie wird eingesetzt bei Erkrankungen im Bereich des Wirbelsäulenkanals, nachdem der nervenwasserhaltige Raum um das Rückenmark durch Einspritzen eines Röntgenkontrastmittels sichtbar gemacht worden ist. Durch Lageveränderungen des Patienten auf einem Kipptisch kann das Kontrastmittel über die gesamte Wirbelsäule verteilt werden, wodurch Erkrankungen, die den Wirbelkanal einengen (Bandscheibenvorfälle, Tumoren), nachweisbar werden. Die Kombination von Myelographie und die nachfolgende Untersuchung des Wirbelsäulenkanals mittels Computertomographie (Myelo-Computertomographie) liefert die sichersten Diagnosen bei Verdacht auf Wirbelkanaleinengungen durch knöcherne Veränderungen oder Bandscheibenvorfälle.

Angiographie

Bei der Angiographie (Gefäßdarstellung) werden die Blutgefäße mittels Kontrastmittel sichtbar gemacht. Hirn- und rückenmarksversorgende Gefäße werden einzeln von der Leistenarterie aus mit einem etwa 1,5 mm dicken Katheter aufgesucht. Das gezielte superselektive Sondieren auch kleinster Gefäße (Katheterisierung) setzt eine Kontrolle mit einem hochleistungsfähigen Röntgendurchleuchtungsgerät und die Anwendung äußerst dünner Katheter (Mikrokatheter) voraus.

Da es sich um eine eingreifende Diagnostik mit einer Komplikationswahrscheinlichkeit bis ca. 0,5 % handelt, wird die Angiographie meist für die Planung einer Therapie (Operation oder Kathetertherapie) vorgenommen. Für eine Reihe von Erkrankungen ist die Angiographie unverzichtbar, z. B. bei der Abklärung von Hirnblutungen, Gefäßmissbildungen (Aneurysmen, arteriovenöse Angiome, durale Fisteln) und zur Planung einer endovaskulären (endovaskulär = über die Arterien oder Venen von innen mittels Katheter) oder operativen Therapie.

Ultraschall

Mittels Schallwellen, die den Körper durchdringen, werden Bilder von Organen und Blutgefäßen aufgenommen. Dabei handelt es sich um gefahr- und schmerzlose Hochfrequenzwellen.

In der Neuroradiologie werden diese Ultraschalluntersuchungen vorwiegend zur Diagnostik von Gefäßeinengungen im Rahmen einer Arteriosklerose oder zur Kontrolle nach therapeutischen Eingriffen von Neurologen und in der Diagnostik von Hirnfehlbildungen oder Geburtstraumen beim Neugeborenen von Neonatologen (= auf Neugeborene spezialisierte Kinderärzte) eingesetzt.

Neuroradiologische Therapie

Neuroradiologen der "letzten" Generation waren ausschließlich als Diagnostiker tätig. Seit etwa 20 Jahren werden jedoch vielfältige therapeutische Verfahren entwickelt, die man heute als minimalinvasive Therapie = MIT bezeichnet.

Grundlegender Vorteil dieser minimalinvasiven Behandlungsform ist die äußerst geringe Belastung des Patienten durch Verzicht auf offene Operationsverfahren unter Nutzung vorhandener Zugangswege (endovaskulär über Arterien und Venen) oder der Einsatz minimal schädigender Eingriffe (Punktion). Die minimalinvasive Therapie wird eingesetzt, wenn sie bei gleichem Behandlungserfolg risikoärmer ist oder erst eine Behandlung durch minimal invasive Techniken überhaupt möglich wird. Drei unterschiedliche Therapieformen repräsentieren das Gebiet der interventionellen (therapeutischen) Neuroradiologie.

  • Gefäßeröffnende Therapien: Perkutane transluminale Angioplastie (PTA = Ballonerweiterung) mit oder ohne Stentapplikation (Stent = gitterförmige Metallhülse) von z. B. durch Arteriosklerose (Arterienverkalkung) verengten Gefäßen oder durch gerinnselauflösende Therapie über Mikrokatheter (Fibrinolyse) von durch Blutgerinnsel verschlossenen Hirngefäßen beim Schlaganfall.
  • Gefäßverschließende Therapien: Verschluss (Embolisation) von krankhaft veränderten Gefäßen (Angiom, duraler Fistel und Tumor) oder einer Gefäßaussackung (Aneurysma).
  • Eingriffe an Bandscheiben und Wirbelsäule: Perkutane Nukleotomie, Chemonukleolyse, Vertebroplastie und Schmerztherapie bei chronischen Schmerzpatienten.

Gefäßeröffnende Therapien

Gefäßrekanalisierende Maßnahmen werden eingesetzt zur Erweiterung eingeengter Arterien (perkutane transluminale Angioplastie = PTA) mit Applikation von Stents (gitterförmige Metallhülsen), um die Durchblutung zu verbessern und einem Schlaganfall vorzubeugen oder um bei akutem Schlaganfall durch lokale Gerinnselauflösung ein verschlossenes Hirngefäß wieder zu eröffnen (intraarterielle Fibrinolyse = Gerinnselauflösung mit chemischen Mitteln) und damit die Hirndurchblutung wiederherzustellen. Sie dient also im ersten Fall der Vorbeugung eines Schlaganfalls, im zweiten Fall der Behandlung eines akuten Schlaganfalls.

Die meisten Gefäßverengungen durch Arteriosklerose werden gegenwärtig noch operativ beseitigt.

Eine alternative Behandlungsmethode, die seit 2003 auch am Städtischen Klinikum Dessau als einem der wenigen internationalen Zentren durchgeführt wird, ist die Erweiterung einer Hirngefäßeinengung durch die sogenannte Ballondilatation (perkutane transluminale Angioplastie = PTA) oder die "Stent-gestützte" PTA, wobei ein über die Leistenarterie eingeführter dünner Katheter mit Ballon an der Stelle der Gefäßeinengung unter hohem Druck (8 bis 12 atm.) entfaltet und die Enge beseitigt wird. Unterstützend zur reinen Ballonerweiterung werden neuerdings Metallprothesen (sogenannte Stents) eingesetzt, um die Erweiterung dauerhaft abzusichern. Diese Technik hat an den grossen armversorgenden Arterien und den hinteren Hirnarterien die risikoreichere Operation weitgehend abgelöst. Diese seit über 15 Jahren an den hirnversorgenden Arterien angewandte PTA gewinnt zunehmend an Bedeutung.

Stentgestützte perkutane transluminale Angioplastie (PTA) von Hirnarterien

Bereits seit Ende der 70er Jahre beschäftigte man sich mit der Gefäßaufweitung von Gefäßverengungen mit Ballonkathetern. Die Methode der sogenannten Perkutanen transluminalen Angioplastie (PTA) von Hirngefäßen wurde der internationalen Öffentlichkeit ab 1980 vorgestellt.

Zwischenzeitlich ist die Gefäßaufweitung (PTA) von Verengungen (Stenosen) der Arterien des Beckens, der Beine, der Arme und Hände sowie der Aorta und der Eingeweidearterien ebenso zu den Routineverfahren geworden, wie die Perkutane transluminale Angioplastie der Herzkranzgefäße (PTCA).

 Seit Einführung metallischer Gefäßstützen konnten die kathetererweiternden Verfahren auch bei schwer verkalkten und hochgradig verengten Arterien eingesetzt werden, so dass Gefäßinnenhautzerreißungen mit Hilfe der Metallgitter (Stents) an die Arterienwand angepresst werden und so zu keinen Komplikationen führen.

Bislang war die Operation der verengten Arteria carotis in Lokalanästhesie oder Allgemeinanästhesie die Methode der 1. Wahl. Jüngere abgeschlossene internationale Studien und laufende Studien (SAPHIRE, SPACE) können jedoch belegen, dass die stentgestützte PTA von Hirnarterienstenosen der operativen Therapie gleichwertig und evtl. sogar leicht überlegen ist.

In der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie wird die stentgestützte PTA von Karotis-, Vertebralis- und Subklavia-Arterienverengungen in hoher Qualität durchgeführt, so dass die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten auch im Notfall oder zu Krankheits- oder Urlaubszeiten rund um die Uhr gesichert ist. Nähre Informationen können Sie dem folgenden Aufsatz entnehmen.

Informationen zur Behandlung der Karotisstenose und der Stenosen supraaortaler und intrakranieller Arterien

Die Pumpe für unser Kreislaufsystem, das Herz, pumpt sauerstoffreiches Blut über die Körperhauptschlagader (Aorta) in den gesamten Körper und gewährleistet damit die Versorgung der Zellen in allen Körperteilen mit Nährstoffen und Sauerstoff. Bereits kurz nach Austritt der Hauptschlagader aus dem Herzen zweigen Blutgefäße zum Kopf und zu den Armen ab.

Die für die Blutzufuhr zum Gehirn wichtigsten Gefäße sind die rechte und linke Halsschlagader (Karotis) sowie die Kleinhirnschlagadern (Vertebralis). Die Halsschlagadern verlaufen am Hals seitlich nach oben bis in den Kopf. Sie teilen sich jeweils in zwei Hauptäste in Höhe des Kieferwinkels auf, die äußere (Arteria carotis externa) und innere (Arteria carotis interna). Die äußere Kopfschlagader ist für die Blutversorgung eines Grossteiles des Gesichtes und des Kopfes verantwortlich. Die innere Kopfschlagader versorgt das Gehirn mit Blut. Bei der Karotisstenose sind eine oder beide innere Karotisarterien verengt durch allmähliche Ablagerung von Fett (Cholesterin) in der Arterienwand, welche über Monate oder Jahre zu einem vollständigen Gefäßverschluss führen kann. Die verengenden Veränderungen in der Arterienwand bezeichnet man als "Plaques".

An ihnen können sich Blutgerinnsel unterschiedlicher Grösse bilden und durch den Blutstrom in das Gehirn gespült werden, wo sie zu einem Gefäßverschluss führen mit nachfolgender erheblicher Minderdurchblutung der erforderlichen Regionen, die zu Sprech- und Bewegungsstörungen (Schlaganfall) führen. Durch zahlreiche wissenschaftlich-klinische Untersuchungen konnte ermittelt werden, dass das Risiko für eine Gefäßkrankheit sich erhöht, wenn sogenannte Risikofaktoren vorliegen. Einige dieser Risikofaktoren stehen im Zusammenhang mit Ihrer Lebensweise. Eine Änderung der Gewohnheiten kann unter Umständen zu einer deutlichen Reduktion dieser Risikofaktoren und des damit verbundenen Schlaganfallrisikos führen.

Die wichtigsten Risikofaktoren sind:

  • Rauchen,
  • fett- und cholesterinreiche Ernährung,
  • Bewegungsmangel,
  • Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit),
  • Übergewicht und
  • Bluthochdruck.

Diagnosestellung

Falls von Ihrem Arzt eine Karotisstenose bei Ihnen vermutet wird oder wenn Sie entsprechende Vorsymptome eines Schlaganfalles aufweisen, werden mehrere Untersuchungen durchgeführt:

  • Doppler-Ultraschall,
  • MRT (Magnetresonanztomographie),
  • CT (Computertomographie),
  • Angiographie.

Die Art der Untersuchung hängt davon ab, welche Informationen benötigt werden, um einen optimalen Behandlungsplan aufstellen zu können.

Behandlungsmöglichkeiten

Ziel der Behandlung ist, wie in anderen Körperbereichen, die Wiedereröffnung der verengten Gefäßbereiche mit einer damit verbundenen Senkung das Schlaganfallrisikos.

Zur Behandlung stehen drei Methoden zur Verfügung:

  • Medikamentöse Therapie:
    Medikamente können in Kombination mit anderen Behandlungsmethoden oder allein eingesetzt werden. Sie haben die Aufgabe, den Blutfluss zu verbessern und die Bildung von Blutgerinnseln an den verengten Gefäßregionen zu verhindern, wobei bestehende Gefäßverengungen medikamentös jedoch nicht rückgängig gemacht werden können.
  • Endarteriektomie:
    Bei der Endarteriektomie handelt es sich um einen chirurgischen Eingriff, bei dem der Operateur die stenosierende Gefässverengung beseitigt. Die Operation wird in Vollnarkose oder in örtlicher Betäubung durchgeführt. Trotz korrekt ausgeführtem operativem Eingriff kann es zu Komplikationen wie Lähmungen, Sprechstörungen etc. kommen. Bei zusätzlicher Verengung der Herzkranzgefäße können während oder nach der Operation, besonders bei Anwendung der Vollnarkose, Herzinfarkte auftreten.
  • Stentgestützte PTA (perkutane transluminale Angioplastie):
    Hierbei handelt es sich um eine minimalinvasive interventionsradiologische Maßnahme, mit der die verengte Arterie über einen dünnen (wenige mm dicken) Ballonkatheter aufgeweitet wird, der von der Leistenbeuge oder vom Arm aus bis zum Hals vorgeführt wird. Die verengte Arterie wird sondiert und die Verengung aufgeweitet. Dabei wird ein kleines Metallgerüst (Stent) eingesetzt, das das vormals verengte Gefäß entfaltet, es offen hält und zu einer Normalisierung des Blutflusses führt. Der Stent verbleibt dauerhaft im Gefäß und ist innerhalb kurzer Zeit in die Arterieninnenwand eingewachsen.
  • Ebenso wie bei der operativen Korrektur einer Hirngefäßstenose, können in einem kleinen Prozentsatz Komplikationen wie Lähmungen, Sprechstörungen und Blutungen aus der Punktionsstelle auftreten, obwohl die Behandlung optimal ("lege artis") durchgeführt wurde.
    In großen internationalen Studien soll die Überlegenheit der stentgestützten PTA gegenüber der Operation (SPACE) belegt werden. Ergebnisse liegen jedoch noch nicht vor.

Beschreibung der stentgestützten perkutanen transluminalen Angioplastie (PTA)

In der Regel wird die stentgestützte perkutane transluminale Angioplastie (PTA) vom Interventionsradiologen durchgeführt, der aufgrund seiner täglichen Arbeit mit der PTA in allen Regionen des menschlichen Körpers (Bauch, Eingeweidearterien, Nierenarterien, Becken-Bein-Arterien) über die größten technischen Erfahrungen verfügt.

Sie erfolgt unter örtlicher Betäubung entweder von der Leiste oder von der Ellenbeuge aus. Nach örtlicher Betäubung punktiert der Arzt die entsprechende Arterie und führt einen kleinen Schlauch (Einführschleuse) mit einem Durchmesser von wenigen Millimetern ein. Durch diese Einführschleuse wird ein dünner Schlauch mit einem noch dünneren Draht bis in die verengte Stelle vorgeführt. Nach angiographischer Darstellung der Gefäßverengung mit einem Röntgen-Kontrastmittel in mindestens zwei Ebenen entscheidet der Arzt, ob die stentgestützte PTA mit oder ohne ein zusätzliches Embolie-Protektionssystem durchgeführt wird.

Mit diesem System sollten kleine Gewebeteile bzw. Blutgerinnsel, die sich während des Eingriffs von der Gefäßwand lösen und zu einem Verschluss intrakranieller Hirnarterien führen können, was zum Schlaganfall führen würde, eingefangen werden.
Zur Beseitigung der Stenose wird ein kleiner Ballonkatheter vorgeschoben und mit einem Druck von 6 bis 12 atm. (Luftdruck in einem Pkw-Reifen = 2,3 atm.) gedehnt, bevor der Stent zur bleibenden Aufweitung der Verengung freigesetzt wird. Dieser Vorgang wird als "Vordilatation" bezeichnet.

Sollte der Stent durch seine Eigenkraft die Stenose nur unvollständig aufweiten können, wird zusätzlich eine Aufweitung (Nachdilatation) mit einem Ballonkatheter durchgeführt. Abschließend erfolgt eine Kontrollangiographie zur Überprüfung und Dokumentation des Ergebnisses mit abschließender Entfernung des Instrumentariums und Kompression der Punktionsstelle. Nach wenigen Minuten ist die Blutung gestillt. Um erneute Blutungen zu verhindern, wird abschließend ein Druckverband über 8 bis 24 Stunden unter der sich anschließend gerinnungshemmenden medikamentösen Therapie angelegt.
Nach dem Eingriff wird der Patient wieder auf die Station gebracht und vom dortigen Pflegepersonal sorgfältig überwacht. Eine 24-stündige Bettruhe muss eingehalten werden. Falls die Behandlung über die Leistenbeuge durchgeführt wurde, darf man sich im Bett während der ersten 24 Std. nicht aufsetzen.

Um eine Nachblutung zu verhindern, ist es sehr wichtig, flach und ruhig zu liegen. Durch die Ausscheidung des während des Eingriffs injizierten Kontrastmittels über die Nieren wird der Patient häufig Wasser lassen müssen, was jedoch nur im Liegen erfolgen darf. Bevor am nächsten oder übernächsten Tag das Krankenhaus verlassen werden kann, erhält er vom Arzt Anweisungen bezüglich der einzuhaltenden medikamentösen Behandlung und Lebensführung. Eine regelmässige Kontrolle nach der Behandlung ist wichtig und wird vom Hausarzt durchgeführt.

Häufig gestellte Fragen

In der Regel dauert der Eingriff eine halbe Stunde, kann jedoch 1,5 bis 2 Stunden dauern, wenn die Gefäße stark krankhaft verändert sind.

Durch die örtliche Betäubung werden Sie an der Punktionsstelle keinerlei Schmerzen verspüren. Das Entfalten des Ballons kann als unangenehmer Druck im Bereich der Halsregion empfunden werden, was völlig normal ist.

Bis auf den in der Stenose applizierten Stent werden alle Instrumente vollständig entfernt.

Nein! Alle in dem Körper verbleibenden Materialien werden aufgrund gesetzlicher Regelungen entsprechenden strengen Materialkontrollen unterzogen und können nicht rosten.

Nein! Grundsätzlich ist der Stent nach der Implantation nicht zu spüren. Bei auftretenden Beschwerden muss unbedingt der behandelnde Arzt informiert werden.

Grundsätzlich ja, da Stents im allgemeinen aus nicht-magnetischem Metall gefertigt werden. Entsprechende Fragen beantwortet Ihnen Ihr behandelnder Arzt.

Ebenso wie durch die Operation wird die Verengung vollständig erweitert, so dass die Gefahr eines Schlaganfalles erheblich reduziert ist. Gelegentlich kommt es zur Wieder-Verengung (Re-Stenose). Mit der posttherapeutischen medikamentösen Behandlung wird die Gefahr einer neuen Stenose gemindert. Bei erneut auftretenden Stenosen kann ebenso komplikationsarm eine zweite Dilatation durchgeführt werden. Die Nachkontrollen dienen dazu, erneut auftretende Stenosen rechtzeitig zu erkennen.

Rauchen ist - wie oben angeführt - einer der bedeutsamsten Risikofaktoren, der u. U. einen Verschluss der verengten Arterie hervorrufen kann. Raucher sollten sich ernsthaft bemühen, das Rauchen aufzugeben.

Da eine falsche Ernährung mit tierischen Fetten ebenfalls einen wichtigen Risikofaktor darstellt, sollten weniger tierische Fette (Käse, Fleisch, Butter, Eier) zu sich genommen werden und Nahrungsmittel bevorzugt werden, die den Cholesterinspiegel senken (z. B. Fisch oder spezielle Margarinen etc.)

Für weitere Fragen stehen Ihnen die Mitarbeiter der Klinik für Interventionelle und Diagnostische Radiologie und Neuroradiologie unter Telefon-Nummer 0340/501-18 80 oder per E-Mail zur Verfügung.

Ein Großteil von Gefäßverschlüssen geht auf Embolien (Verstopfung von Hirngefäßen durch Blutgerinnsel) zurück, die zum schweren Schlaganfall führen. Rekanalisierende Therapieverfahren (Wiedereröffnung derartiger Gefäßverschlüsse) basieren auf Medikamenten, die fibrinolytisch aktiv sind (Urokinase, rt-PA), d. h. im Thrombus (Blutgerinnsel) dessen Auflösung hervorrufen.
Diese Therapie - Fibrinolyse oder Thrombolyse - genannt, die auch im Städtischen Klinikum Dessau erfolgreich eingesetzt werden kann, ist nur innerhalb weniger Stunden nach Schlaganfallbeginn erfolgversprechend. Sie kann systemisch (Verabreichung über einen Venenzugang) oder intraarteriell, d. h. über einen Mikrokatheter direkt an der Stelle des Gefäßverschlusses angewendet werden. Mit der direkten intraarteriellen Gerinnselauflösung lässt sich häufiger eine Wiedereröffnung der Arterie erreichen. Diese intraarterielle lokale Thrombolysetherapie (Applikation des gerinnselauflösenden Medikamentes über einen Mikrokatheter in das Blutgerinnsel) ist jedoch in der Durchführung komplizierter und zeitaufwendiger als die systemische Therapie und muss von Neuroradiologen durchgeführt werden. Aufgabe des Neuroradiologen ist nicht nur die Durchführung der Fibrinolyse, sondern auch die diagnostische Abklärung (Erkennung bereits zerstörten Hirngewebes oder einer Hirnblutung) mittels Computertomographie oder Kernspintomographie.

Die Lysetherapie über Mikrokatheter wird auch zur Behandlung der akuten Erblindung durch eine Embolie der Augenarterie eingesetzt. Sie ist derzeit die wirksamste Maßnahme, das Sehvermögen wieder zu erlangen.

Gefäßverschliessende Therapie

Maßnahmen zum Verschluss von Gefäßen (Embolisation) dienen der Reduktion oder vollständigen Ausschaltung krankhaft veränderter Gefäße, wie sie in Gefäßmissbildungen (Angiomen, Fisteln) oder Tumoren vorkommen.

In der zahlenmäßig geringeren Gruppe von arterio-venösen Fisteln kann die Embolisation als alleinige Maßnahme die Erkrankung vollständig heilen, während bei Angiomen und Tumoren in der Regel die Embolisationsbehandlung einen Teilschritt im gesamten Behandlungskonzept darstellt.
Bei Tumoren (Meningeomen) dient die Embolisation der Risikominderung einer nachfolgenden Operation durch Reduktion des Blutverlustes infolge vorheriger "Trockenlegung" des Tumors.

Die Embolisation kann auch mit einer zusätzlichen Chemotherapie über die tumorversorgenden Gefäße kombiniert werden. Da die meisten dieser Erkrankungen nur in Kombination verschiedener Therapieverfahren heilbar sind, setzt die Arbeit des therapeutisch tätigen Neuroradiologen eine hohe Bereitschaft zur Teamarbeit voraus. So sind in der präoperativen Embolisation von Tumoren des Schädels und der Wirbelsäule häufig ein Team aus Neurochirurgen, Neuroonkologen, Strahlentherapeuten, Orthopäden, Kieferchirurgen, Augenärzten und Hals-Nasen-Ohren-Klinikern beteiligt.

Auch die Embolisation von Gefäßmissbildungen wurde 2003 in das Behandlungsspektrum des Städtischen Klinikums Dessau aufgenommen.

Eine besondere Form der gefäßverschließenden Therapie ist die Behandlung von sogenannten Aneurysmen, die als Aussackungen an Schwachstellen der Gefäßwände insbesondere den Teilungsstellen der Arterien entstehen.

Momentaner Therapiestandard ist die operative Ausschaltung mit einer Metallklammer (Clip). Zunehmend häufig wird jedoch als Alternativ-Verfahren der minimalinvasiven Therapie ein Verschluss des Aneurysmas über kleinste Katheter eingesetzt, die endovaskulär (von innen) über die Arterien in die Wandaussackung gebracht werden und diese durch elektrisch oder mechanisch ablösbare Metallspiralen verschließen (sogenanntes Coiling). Mit diesem Verfahren können auch Aneurysmen behandelt werden, die aufgrund ihrer ungünstigen Lage hohe operative Risiken besitzen.

Die internationale ISAT-Studie konnte belegen, dass das interventionsneuroradiologische "Coiling" zu besseren Ergebnissen führt, als die operative Aneurysmaausschaltung durch Gefäß-Klippung, bes. bei Patienten mit frischer Subarachnoidalblutung.

Eine gefäßverschließende Behandlung ist auch möglich und erforderlich bei akuten Blutungen im Bereich des Gesichtes und Nasen-Rachen-Raumes im Rahmen von Tumoren, schweren Unfällen, nach operativen Eingriffen oder beim unstillbaren Nasenbluten ohne erkennbare Ursache.

Auch hierbei wird mit Mikrokathetern der Ort der Blutung über das arterielle Gefäßsystem aufgesucht und die blutende Stelle von innen mit unterschiedlichen Embolisationsmaterialien abgedichtet.

Eingriffe an Bandscheiben und Wirbelsäule

Die meisten Bandscheibenvorfälle können physikalisch und medikamentös behandelt werden, nur ein kleiner Teil bedarf einer eingreifenden Therapie durch Operation oder neuroradiologische Intervention. Die chemische Auflösung krankhaften und aus dem Bandscheibenraum ausgetretenen Bandscheibenmaterials - die Chemonukleolyse - wird zunehmend von der sogenannten perkutanen Nukleotomie abgelöst. Bei dieser minimal invasiven Therapie wird krankes Bandscheibengewebe durch ein Schneidemesser zerkleinert und durch Vakuumaspiration abgesaugt. Wesentliche Vorteile der Methode sind die geringe Belastung des Patienten, Erhaltung der Stabilität der Wirbelsäule, da kein Knochen entfernt werden muss, und kurze stationäre oder sogar ambulante Behandlung. Eine Weiterentwicklung stellt die Lasernukleotomie dar.

Für diese nichtoperativen Verfahren sind jedoch nur etwa 20 % der Patienten mit Bandscheibenvorfall geeignet.

Punktionsverfahren mit Einbringung von Medikamenten (Schmerzmittel) werden auch in der interdisziplinären Schmerzbehandlung eingesetzt und ermöglichen unter computertomographischer Kontrolle, Schmerzmedikamente an den Ort der Schmerzquelle zu bringen oder die Schmerzleitung zu unterbrechen.

Letzteres geschieht bevorzugt an den kleinen Wirbelgelenken (Facettengelenk-Blockade) und an den Nervenaustrittspunkten aus der Wirbelsäule. Auch mit dieser Art der Schmerzausschaltung verfügt das Radiologische Institut des Städtischen Klinikums Dessau über sehr gute Erfahrungen.

Eine bleibende Ausschaltung der Schmerzübertragung kann durch eine Zerstörung der Nerven durch Kälte, Laser oder Alkohol erreicht werden.